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Die vielen Gesichter des Todes – Die Ausstellung „Totentanz“ von Angela Eberhard in Buxheim (Bayern)

 Die Ausstellung „Totentanz“ von Angela Eberhard richtet ihre Aufmerksamkeit auf die Darstellung des Totentanzes und seine Repräsentation in unserer Gesellschaft des 21. Jahrhunderts. Der Kernpunkt ihrer Werke liegt in der Vorahnung der Unmittelbarkeit des Todes, denn die keramischen Skulpturen verkörpern immer sowohl ein Skelett als auch einen Menschen, der durch verschiedene Ursachen am Rande des Todes steht.

Ihre Darstellung des Totentanzes spielt mit historischen Erzählungen, wie zum Beispiel mit Nägeln gefoltert zu werden bis die ersuchende Erlösung des Todes den Leidenden freisetzt, greift aber auch Tabuthemen auf, die erst in den letzten Jahren in der westlichen Gesellschaft zu einem offenen Gespräch beigetragen haben: von der Fehlgeburt bis zum Herzinfarkt, vom Ertrinken bis zum Säuglingstod hat Eberhard den Mut die Schrecken des Todes nicht zu scheuen und nähert sich dem Thema fast mit einem seltsamen Humor.

Eberhard greift auf die ersten Darstellungen des Totentanzes zurück. Die erste Darstellung kam mit dem 14. Jahrhundert, in der Zeit, als die Pest eine Wolke der Verwüstung in das Mittelalter brachte. In dieser Zeit, in der die Gesellschaft langsam auf Luxusgüter wie Reichtum, Individualität und Macht hinarbeitete, ist die Unvermeidbarkeit des Todes und die unerreichbare Unsterblichkeit zu einem Gedanken geworden, der stark mit Privileg assoziiert wird – einem Privileg, ein erfülltes Leben mit Komfort und Träumen zu führen, das sehr stark in das heutige Gespräch einer zivilisierten Gesellschaft fällt.

Das erste Wandgemälde des Totentanzes entstand im 15. Jahrhundert, obwohl die Inspiration aus der Legende der drei Könige aus dem 11. Jahrhundert stammt, die auf ihrem Jagdausflug auf drei Männer des Jenseits treffen. Dieses Memento Mori ist repräsentativ für die Limitationen und den Wert für die Lebenden, die Eberhard im Kontext der heutigen Zeit untersucht.

Die Ausstellung findet in der Kartause in Buxheim (Bayern) statt und gibt ihr die beunruhigende Kulisse, die sowohl die Kunstwerke als auch die Halloween-Saison verdienen. Die Skulpturen werden in einer ordentlichen Reihe ausgestellt, wobei jede Darstellung des Todes von den Kreuzgangsfenstern eingerahmt wird, um auf den schmalen Grat zwischen Tod und der blendenden Reinheit des Lebens im Jenseits hinzuweisen.

Die Keramikskulpturen erfassen eine organische Qualität, fast so, als bestünde das Material aus natürlichen Quellen wie Erde und Sand. Diese Evokation schwingt mit der Entstehungsgeschichte der Schöpfung der Menschheit mit, die in direkter Verbindung zu Hans Christian Andersen steht, der uns darauf aufmerksam macht, dass Geburt gleichbedeutend mit einem Todesurteil ist:

„Das Leben ist wie die Lampe, die auch schon anfängt auszubrennen, wenn sie angezündet wird! So alt wie jeder von euch ist, so viele Jahre habe ich schon mit euch getanzt. Jeder hat seine eigenen Touren, und der eine hält den Tanz länger aus als der andere. Aber die Lichter verlöschen zur Morgenstunde, und dann sinkt ihr alle müde in meine Arme – das nennt man sterben“.

Die Hauptidee von Andersens Worten ist die Reflexion über die Realität, dass der Tod vom Moment der Geburt an mit dir ist, was bedeutet, dass der Tod schon so viele Jahre mit dir tanzt, wie du alt bist – ein zeitloses Gespräch, dem sich kein Mensch entziehen kann.

 Die sorgfältige und komplizierte Technik, die Eberhard anwendet, sowie ihre moderne Interpretation des Totentanzes verstärken, wie die Verbindung von jahrhundertealten, traditionellen Kunstformen mit einem zeitgenössischen Gespräch das Potenzial hat, innovative Arbeiten auf den Kunstmarkt zu bringen, was auch Ernestina Abbühl und ihre Kunst, die wir in der Central Art Gallery ausstellen, widerspiegelt.

Sie können die Ausstellung in Buxheim noch bis zum 1. November 2020 besuchen. Wie könnte man diese Halloween-Saison mit der gespenstischen Auseinandersetzung mit dem Totentanz und einer kritischen Analyse, wie Eberhard diese traditionelle Darstellung unserer Gesellschaft interpretiert, besser erleben?

 

von Léonie Kirchgeorg